So ein koreanischer GTI-Konkurrent wird ja gern mal mit Zweifeln beäugt. Wirbt der Hersteller Kia zwar mit einer recht umfangreichen Herstellergarantie, so wurde uns aus Fernost doch längere Zeit nicht allzu ansehnliches Gefährt überliefert und unter die Nase gerieben. Dennoch folgt auch so ein Koreaner den Zeichen der Zeit und orientiert sich am ständigen Wandel des Automobilmarktes. Mit dem stark europäisierten Kia cee’d GT kam zuletzt sogar ein erfreuliches wenn nicht gar überraschendes Ergebnis auf die Straße…
Klare Kampfansage: Der Kia cee’d GT mit 204 PS
Sieben Jahre Garantie sind kein schlechtes Argument, wenn es um Marketing-Kampagnen geht. Doch kann der kompakt ausgelegte Kia cee’d GT auch live halten, was seine Slogans versprechen? Im zweiwöchigen Test sollte der Koreaner dies unter Beweis stellen – und hat uns dabei immer wieder positiv überrascht. Sein recht schlanker 1.6-Liter-T-GDI will aus den vier Zylinder satte 204 PS sowie 265 Nm Drehmoment kitzeln (zum Vergleich: Ein aktueller Golf GTI setzt mit einem 2.0-TSI-Motor auf 220 PS sowie 350 Nm). Das klingt auf den ersten Blick etwas mager von der Ausbeute, schlägt sich in den Leistungswerten (leider) auch etwas nieder, dennoch ruft der Kia cee’d GT damit alles andere als Enttäuschung bei uns hervor.
Die Sprintzeit für Tempo 100 ist mit 7,7 Sekunden zwar deutlich über der eines GTI, dennoch agiert der Koreaner druckvoll und durchzugsstark, was nicht zuletzt am vollen Drehmoment ab 1.750 U/Min liegen dürfte. Im zwischenzeitlichen Boost reicht der Kia cee’d GT sogar bis an die Marke von 300 Nm heran, ein schöner Begleiteffekt bei Überholmanövern auf der Landstraße. Selbst beim Abbiegen aus der Seitenstraße und zügiger Beschleunigung, kommt der cee’d ohne spürbares Zerren oder Gripverlust auf Touren. Das sportliche Cup-Fahrwerk lässt den Kia cee’d GT indes zum Kurvenmeister werden, der auch bei schnellem Richtungswechsel gut kontrollierbar bleibt und Wankbewegungen gelungen kompensiert.
Kernige Klangkulisse und schnittige Optik
Ähnlich gut wie sich der Koreaner bewegen lässt, präsentiert er sich auch aus dem Stand. Das Testfahrzeug darf als Track-Version nahezu durch Vollausstattung überzeugen, nur ein Panorama-Glasdach hätte noch gefehlt. Die Lackierung in Deluxeweiss Metallic zieht die Blicke auf sich, kontrastiert wird die Farbe durch die tief getönten Seiten- sowie die ebenfalls abgedunkelte Heckscheibe. Die anthrazit-farbigen 18-Zoll-Felgen stehen beim Kia cee’d GT gut im Radkasten, an der Frontpartie wartet er ferner durch eine rote Horizontallinie des Frontspoilers sowie Vier-Punkt-LED-Tagfahrlichter und dynamisches Xenonlicht auf. Vom lästigen Schmutzbefall des Lacks einmal abgesehen, liegen Design und Farbwahl des Kia cee’d GT nahe am Optimum.
Insbesondere bei der Materialverarbeitung kann der Viertürer gewaltig punkten: Die Recaro-Sportsitze bieten bequemen und engen Halt in jeglicher Verkehrslage, die manuelle 6-Gang-Schaltung lässt sich griffig und präzise bedienen. Das Sportlenkrad hat neben ergonomischer Wölbungen auch etliche Funktionstasten für Tempomat und das Multimedia-System vereint – auf Anhieb muss man sich mit der Anordnung erst einmal zurecht finden, was nach ein paar Tagen aber reine Gewohnheitssache wurde. Das digitale Armaturendisplay des Kia cee’d GT zeigt standardmäßig ein analoges Tachoblatt mit Momentanverbrauch an. Auf Wunsch wechselt man via GT-Button am Lenkrad in die sportlichere Anzeige, die zusätzlich Drehmoment und Ladedruck des Turbos mit aufgreift. Letzteres lässt sich zwar meist auch anhand der Geräuschentfaltung am Heck erahnen, gibt dem Fahrer jedoch ein wohltuend sportliches Fahrgefühl.
Langstreckentest im Kia cee’d GT
Sanftes Cruisen im Stadtverkehr, Überholmanöver und Kurvenhatz auf der Landstraße – der Kia cee’d GT scheint beides wohlwollend umzusetzen. Obgleich der Vorwärtslauf noch ein Stück weit bissiger ausfallen dürfte, ist Fahrspaß im koreanischen GTI serienmäßig an Board. Dennoch bleibt zu erörtern, wie er sich auf langer Strecke mit teils hohem Tempo schlägt. Das Fahrwerk greift Unebenheiten grundlegend sehr direkt auf, wodurch sich über Land aufstrebende Baumwurzeln und Überbleibsel des lokalen Landwirtes unangenehm bemerkbar machen. Auf der Autobahn herrscht zwar ein weitestgehend ebener Asphalt, vereinzelte Bodenwellen nehmen dem Kia cee’d GT aber auch hier den erhofften Restkomfort auf der Urlaubsreise.
Spurstabil bleibt der Kia hingegen, lang gezogene Kurven nimmt er auch bei Tempo 200 noch gelassen hin. Seine Durchzugsstärke behält er spürbar bis 180 Km/h, danach merkt man dem Koreaner den Windwiderstand und den etwas mickrigen Hubraum leider doch an. Wer sich an leichte Stöße von unterhalb gewöhnen und sich mit dem ultimativen Temporausch jenseits der 200 zurückhalten kann, ist im Kia cee’d GT somit auch auf längeren Reisen sehr gut bedient. Die linke Spur ist unter Anwesenheit von PS-Jägern à la Porsche Boxster und V6-Biturbo-Dieseln zwar nicht sein alleiniges Zuhause, doch die leicht aggressive Frontoptik mit Cayenne-ähnlichen Tagfahrlichtern verleitet viele Reisende gerne zum Platz machen. Ein angenehmer Nebeneffekt: Der Tempomat kann getrost bei Marke 180 verweilen, ohne ständig nachregeln zu müssen.
Entertainment und Verbrauch bieten noch Potenzial
Wer als Dauerpendler ein schnelles und komfortables Gefährt sucht, sitzt im Kia cee’d GT zwar nicht grundsätzlich falsch, jedoch machen sich für solche Zwecke dennoch einige Nachteile bemerkbar. Die Reihenvierzylinder-Turbo-Kombination ist stets auf zackigen Vortrieb aus, was sich leider auch im Verbrauch bemerkbar macht: Die vom Hersteller veranschlagten 7,5 Liter Super sind nur mit viel Genügsamkeit überhaupt unter die 9-Liter-Marke zu führen, bei tempomatisierten 160 Km/h bleibt der Kia cee’d GT zwischen 10,5 und 11 Litern stehen. Als sportives Ausflugsmobil taugt er zwar allemal, für gelegentliche Reisen wird es dagegen ein Stück weit teurer als bei einem Golf GTI (der sich mit rund 9 Litern begnügen würde).
Ebenso darf der Kia cee’d GT bei seiner Bedienbarkeit des Touch-Display-Systems gerne etwas nachbessern: Beim Navigationssystem muss der Nutzer den Unterschied zwischen Tour und Route erstmal verstehen, die Übersichtlichkeit bei der Musikwahl und der Konfiguration ist ebenfalls etwas dürftig. Wenn aber alles erst einmal am Laufen ist, überzeugt das Ergebnis durchaus: Die Zielführung inklusive TMC klappt wunderbar, die dezent basslastige Akustik lädt gelegentlich zum Wechsel mit dem Kia cee’d GT auf die linke Spur ein. Wer über einen Kauf nachdenkt, wird (bezogen auf die Konfiguration des Testfahrzeugs) mit 28.720 Euro zur Kasse gebeten – dafür gibt es nahezu Kia-Vollausstattung, ein VW Golf 7 GTI hingegen käme bei diesem Wert lediglich auf die Basisausführung.
Fotos: Kia / Tuning-Stories.de
Datum der Erstveröffentlichung: 20.12.2014