Der dritte und letzte Teil unserer Reihe „Tuner vs. Polizei?“ dreht sich um die Themen Fahrzeugkontrollen und Stilllegungen. Ist der Handlungsspielraum der Polizei zu groß? Wie ist die Sicht der Ordnungshüter? Sorgen Tuningevents automatisch für härtere Kontrollen? Das alles wurde im Rahmen einer Infoveranstaltung erörtert, der unser Redakteur Ben Planz beigewohnt hat. Alle Informationen in diesem Artikel stammen aus den Vorträgen der Referenten der Polizei Rheinland-Pfalz und werden möglichst wertungsfrei wiedergegeben, damit ihr euch selbst eine Meinung bilden könnt.
Zum Abschluss der Reihe „Tuner vs. Polizei?“ widmen wir uns den Themen, die die Gemüter wohl am meisten hochkochen lassen. Ohne Fahrzeugkontrollen und Stilllegungen gäbe es wohl weder diese Artikelreihe noch die Infoveranstaltung, auf die wir uns beziehen. Zu diesen Themen entbrannten die meisten Diskussionen im Publikum. Demnach ist auch dieser Artikel der größte unserer Reihe.
Umgang mit illegalen Tuningmaßnahmen
Einige der beispielhaft präsentierten Tuningmaßnahmen waren so abwegig, dass sie im Publikum für Gelächter sorgten. Einige waren auch nicht mehr ganz zeitgemäß, werden aber offenbar weiter praktiziert. Einarmwischer in 12-Uhr-Stellung, Strumpfhosen als Scheinwerfertönung und Scheibengravuren gehören zwar nicht zu den aktuell angesagten Trends, sind aber weiterhin illegal. Doch auch mit Luftfahrwerken kennen sich die Ordnungshüter mittlerweile aus. Und auch „Camberautos“, wie die Polizei sie nennt, werden mehr und mehr zum Alltagsgeschäft bei Kontrollen.
Es wurde folgender Grundtenor vermittelt: Was illegal und vor Ort demontierbar ist, ist in den meisten Fällen nicht mehr als eine Ordnungswidrigkeit. Wer zum Beispiel einen „Big Wing“ fährt und diesen komplett demontieren kann, wird kulant behandelt. Ein Autobesitzer, der seine Windschutzscheibe foliert hat und dies vor den Augen der Polizei „rückrüstet“, muss dennoch seine erloschene Betriebserlaubnis von einem Prüfer wieder „aktivieren“ lassen. Laut den Vertretern der Polizei Rheinland-Pfalz lässt man im Allgemeinen jedoch gerne Kulanz walten, wenn ein Fahrzeug direkt vor Ort wieder „legal gemacht“ werden kann.
Interessant in diesem Zusammenhang: Carbonteile sind oft ein schwieriges Thema. Laut den Ordnungshütern müssen alle an Fahrzeugen verbauten Carbonteile geprüft sein. Dies gelte auch für in Handwerksarbeit laminierte Teile. Die Laminierung wird nicht wie eine Folierung behandelt, sondern in Hinblick auf Material und Splitterverhalten kritisch gesehen. Fest montierte Abschlepphaken aus Metall sind ebenfalls ein Dorn im Auge der Polizei. Auch das ist vielleicht dem einen oder anderen nicht klar. Wer jedoch das Bedürfnis verspürt, sich selbst ein Polizeiauto zu bauen, kann dies (fast) ungehindert tun. Das Design der deutschen Einsatzfahrzeuge ist nicht geschützt. Auf ein funktionierendes Blaulicht und Reflektoren muss der „Amateurpolizist“ jedoch verzichten.
Ein weiteres Thema waren die manipulierten Euro-Kennzeichen, die komplett in Schwarz gehüllt sind. Dabei handelt es sich laut Polizei nicht um Urkundenfälschung, sondern lediglich um eine Ordnungswidrigkeit, die 10€ kostet. Manchmal tragen auch die TÜV-Prüfer die „Schuld“ an Problemen zwischen Tunern und Polizei. Fehlen bei Eintragungen die magischen Worte „in Verbindung mit“, kann es ganz schnell zu aus Sicht der Ordnungshüter schwierigen Kombinationen von Tuningteilen kommen. Und auch ABEs sind oft nur beschönigte Teilegutachten, die im Falle einer Kontrolle nicht standhalten, weil im Kleingedruckten spezielle Änderungen für manche Fahrzeugtypen gefordert werden.
Wieso wird ein Auto abgeschleppt?
Beim Infoabend der Polizei Rheinland-Pfalz wurde der Blickwinkel der Ordnungshüter hierzu erörtert. Bei vorübergehenden Stilllegungen spielt die Beweissicherung eine wichtige Rolle. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn die Polizei nicht sicher dokumentieren kann, dass ein Fahrzeug „illegal“ ist und der Halter darauf beharrt, dass alles legal ist, muss ein Prüfer entscheiden.
Und damit das Fahrzeug bei der Prüfung auch noch im gleichen Zustand ist wie bei der Kontrolle, wird es abgeschleppt. Die von der Polizei „Camberautos“ genannten Fahrzeuge mit sattem Sturz werden generell immer abgeschleppt, wenn sie „Static“ unterwegs sind, da das Ganze vor Ort laut den Referenten immer sehr schwierig zu überprüfen ist. Auch bei Fahrzeugen mit Luftfahrwerk ist die Sachlage oft schwer dokumentierbar und der Einsatz eines Gutachters notwendig. Allerdings kann der Fahrzeughalter im Falle einer Stilllegung zumindest das Abschleppen verhindern.
Wenn jemand zugibt, dass die vorgenommenen Tuningmaßnahmen illegal sind, macht die Polizei ein Beweisvideo und die Sache geht ihren Weg. Das Fahrzeug ist dann zwar immer noch stillgelegt und muss einer Wiedervorführung unterzogen werden, wird aber nicht noch zusätzlich zu einem Gutachter geschleppt um diesen Sachverhalt zu untermauern, womit man auch die damit verbundenen Kosten umgehen kann.
Schuldeingeständnisse sind bei den Ordnungshütern generell sehr beliebt, aber laut den Referenten des Infoabends keine zwingenden Grundlage für den geordneten Umgang miteinander. Es würde bei Fahrzeugkontrollen ganz nach dem Motto „Wie es in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus.“ verfahren.
Fahrzeugkontrollen und Stilllegungen aus Sicht der Polizei
Im Rahmen des Infoabends kam es zu einigen interessanten Äußerungen der Referenten der Polizei Rheinland-Pfalz. Zum einen hätten Polizeibeamte nur Ahnung vom Thema Tuning, wenn sie daran auch ein gewisses Interesse hätten. Zum anderen wären die Maßnahmen der Ordnungshüter gegen Tuningenthusiasten in anderen Regionen Deutschlands viel härter. In diesem Zusammenhang entbrannte eine Diskussion über den Handlungsspielraum der Polizei bei Fahrzeugkontrollen und Stilllegungen. Es gibt nämlich durchaus Fälle, bei denen ein Gutachter einem stillgelegten Fahrzeug die Verkehrssicherheit bescheinigt.
Aus Polizei-Sicht verhält es sich folgendermaßen: Kann im Rahmen einer Kontrolle nicht sicher festgestellt werden, ob ein Fahrzeug legal unterwegs ist, muss ein Gutachter hinzugezogen werden. Dabei kann sich der Verdacht des Polizeibeamten natürlich auch als nicht begründet herausstellen. Die Referenten verwiesen dabei auf die U.S.A., in denen die Polizei willkürlich entscheiden könne. Deutschland sei hingegen ein Land der Regeln. Regeln, die übrigens auch für ausländische Fahrzeuge gelten, die auf deutschen Straßen unterwegs sind. „Verkehrssicherheit muss sein!“ lautet diesbezüglich das Credo der Ordnungshüter.
Außerdem räumten die Beamten ein, dass es auch schwierige Themen gibt. Ein Beispiel ist das viel diskutierte Thema „Bodenfreiheit“. In einer Stellungnahme von Verkehrsrechtlern wäre von „nicht weniger als 6 cm“ die Rede, der TÜV sieht es gerne, wenn ein 8 cm hohes Hindernis überwunden werden kann. Dann gibt es da noch die „50 cm von unterer Scheinwerferkante bis Boden“-Regel, die laut Polizei im Falle mancher Autos unfair ist. Wirklich festgelegt ist jedoch nichts.
Ein weiteres wichtiges Thema waren Kontrollen im Rahmen von Tuningevents. Dabei ist die Sicht der Polizei recht klar: Bei Tuningevents kommt es zu einer hohen Konzentration von modifizierten Fahrzeugen auf den Straßen. Aufgabe der Polizei ist es, diese Fahrzeuge zu überprüfen. Also werden Szeneevents auch immer die Anwesenheit der Polizei „provozieren“.
Interessante Zitate der Polizei
Zum Abschluss dieses Artikels und dieser Reihe möchte ich noch einige interessante Zitate zusammentragen, die ich im Rahmen von „Legal, illegal, egal? Infoveranstaltung für Tuningfans“ mitgeschrieben habe.
„Die Polizei entscheidet nicht, Richter entscheiden!“.
„Wir unterscheiden Raser und Tuner, aber es gibt schwarze Schafe!“.
„Auch die Oma mit Alus und der AMG-Fahrer mit Auspuff sind für uns Tuner.“.
„Die Polizisten sind nicht immer die Guten!“.
„Niemand ist ein schlechter Mensch, weil er sein Auto illegal umbaut!“.
Wir hoffen, dass unsere umfangreiche, möglichst wertungsfreie Wiedergabe des sehr umfangreichen Informationsabends der Polizei Rheinland-Pfalz den meisten von euch neue Erkenntnisse gebracht hat. Wir sind auf jeden Fall auf euer Feedback gespannt!
Dieser Artikel ist Teil einer dreiteiligen Serie. Hier geht es weiter:
- Tuner vs. Polizei? 1/3: Mein Besuch bei der Polizei Rheinland-Pfalz
- Tuner vs. Polizei? 2/3: Was Social Media & Medien ausmachen
- Tuner vs. Polizei? 3/3: Übertriebene Fahrzeugkontrollen & Stilllegungen?
Datum der Erstveröffentlichung: 24.09.2019
hallo,
wenn ich mit meinem lowrider nach deutschland zum ami treffen fahre,werde ich öfter kontrolliert-aber nur aus neugier! ich wohne in schweden und was hier an custom cars fährt ,ist ein traum! meine scheiben sind graviert,auch die felgen,tuergriffe gibts nicht,kettenlenkrad und natuerlich eine hydraulik mit allen bewegungen und einiges mehr.ein typisches show car,wie es die chicanos auch haben.kein deutscher polizist kann mir ein mängelbericht schreiben oder gar mein auto still legen!!
zur info:in schweden braucht ein 50 jahre altes auto nie mehr zum tuev,steuerbefreit ab 30 jahre,versicherung maximal 150.-im jahr. hier macht es noch spass!!