Seit über 15 Jahren macht es immer mal wieder von sich reden, etliche Hersteller haben sich schon daran versucht, dessen Technik zu perfektionieren und die Serienreife voranzutreiben. Toyota hat mit dem Mirai den nächsten großen Schritt getan, der, auch wenn er nicht ganz die Vorreiterrolle darstellt, die ihm zugeteilt wird. Die Rede ist von der hochgelobten alternativen Antriebstechnologie – dem wasserstoffbetriebenen Auto.
Viele werden erst einmal Bedenken haben, dass ihnen das Fahrzeug um die Ohren fliegen könnte und sie quasi auf einer fahrenden Bombe sitzen. Doch dieses Denken ist unbegründet. Die modernen, doppelwandigen Tanks sind trotz des extrem hohen Drucks von 700 Bar, der in ihrem Inneren anliegt, sehr sicher. Da sich Wasserstoff im Vergleich zu herkömmlichen Kraftstoffen wesentlich schneller verflüchtigt, besteht höchstens Gefahr, wenn sich ein Leck im Tank befinden würde, was dank der verwendeten Materialien nahezu ausgeschlossen werden kann.

Die Lösung für herrschende Umweltprobleme?
Es könnte so einfach sein, denn bei einem Wasserstoffauto kommt aus dem Auspuff wortwörtlich nur heiße Luft – und zwar in Form von Wasserdampf. Abgase oder Emissionen? Fehlanzeige. Es heißt sogar, dass man die Dämpfe ohne Bedenken einatmen könnte. Allerdings gibt es in dieser heilen Welt ein entscheidendes Problem. Die Gewinnung des Wasserstoffs ist aktuell noch sehr ineffizient und muss mühsam per Elektrolyse mit Strom aus Wasser gewonnen werden, was dazu führt, dass diese Methode bei der Energiebilanz teils sogar schlechter als fossile Brennstoffe abschneidet. Dazu kommt, dass dessen Herkunft als kritisch anzusehen ist. Für dessen Produktion werden keine nachhaltigen Ressourcen oder erneuerbare Energiequellen verwendet, sondern oftmals durch chemische Verfahren mit Erdgas oder Biomasse. Heißt im Endeffekt: Die Emissionen, die beim Fahren nicht vorhanden sind, werden bei der Herstellung freigesetzt. Ein weiteres Problem bei der Durchsetzung der innovativen Technologie ist der florierende Markt der Energiekonzerne, denen es gar nicht passen würde, wenn in absehbarer Zeit jeder Halter eines Kraftfahrzeugs auf Wasserstoff umsteigt. Man muss das große Problem der Branche – das sehr überschaubare Netz von Wasserstofftankstellen in Deutschland – gar nicht aus der Welt schaffen, da das Geschäft mit dem Gas auch so wunderbar läuft. Auch die Ölindustrie hätte da mit Sicherheit etwas dagegen.
Im September dieses Jahres wird es soweit sein. Toyota bringt mit dem Mirai, was auf japanisch passenderweise Zukunft bedeutet, das erste Wasserstoffauto in Großserie auf den Markt. Das allererste? Nein. Bereits seit 2013 hat Hyundai mit dem ix35 Fuel Cell ein Brennstoffzellenauto auf dem Markt, allerdings mit schleppenden Verkaufszahlen im dreistelligen Bereich. Diese Tatsache wird wohl eine Rolle dabei gespielt haben, dass Hyundai die Preise für den SUV kürzlich drastisch gesenkt hat. Bereits bei Markteinführung fiel dabei das kaum veränderte Fahrverhalten auf. Lediglich durch das Mehrgewicht von 450 Kilogramm gegenüber dem Verbrenner-Pendant gab sich anhand der strafferen Federung zu erkennen. Aus Sicherheitsgründen, da man das Auto ohne Motorengeräusch ja kaum wahrnimmt, erzeugt der Wagen bis zu zwanzig Stundenkilometer ein künstliches Motorengeräusch über einen außen angebrachten Lautsprecher. Der Vorteil dieses Antriebssystems mit Wasserstoff liegt auf der Hand. Die Fahrer müssen gegenüber einem Verbrenner kaum Einbußen in Sachen Reichweite machen, da der Hyundai mit einer Tankfüllung bis knapp 600 Kilometer weit kommt. Außerdem muss man keine langen Wartezeiten in Kauf nehmen, da die Tanks in wenigen Minuten wieder aufgefüllt sein sollen. Einzig in Sachen Effizienz muss noch deutlich nachgelegt werden. Hier liegt der Hyundai etwa auf dem Niveau eines herkömmlichen Benzinmotors (Hier haben wir eine Übersicht der gängigen Motorbauarten). Toyota will diese Werte mit dem Mirai deutlich unterbieten. Üblicherweise geht man von einem Normverbrauch von einem Kilogramm Gas auf 100 km aus, Toyota gibt für seine Limousine einen Wert von 0,76 kg an.

Privatkunden sollten einen großen Geldbeutel besitzen
Wie bereits angesprochen, gibt es kaum Tankstellen für Wasserstofffahrzeuge. Lediglich etwa ein Dutzend sind öffentlich zugänglich. Genau aus diesem Grund wird die Limousine Mirai von Toyota vorerst nicht für Privatkunden in Deutschland zu erstehen sein, obwohl durchaus Nachfrage bestand. Der Hersteller will sich für eine Ausweitung des Tankstellennetzes stark machen und die Autos öffentlichkeitswirksam in Großstädten fahren lassen. Weiterhin darf man auf das mit neuer Technik aufwartende Wasserstoff-Modell von Honda gespannt sein, das im März des Jahres 2016 in Japan auf den Markt kommen soll. Weiterhin spannend dürften die Ergebnisse der Kooperation von Daimler, Ford und Nissan sein, die eine Großserienproduktion für 2017 angekündigt haben. Es hat sich also einiges getan, wenn man zurückdenkt in das Jahr 2002, als BMW mit dem Hydrogen 7 noch Wasserstoff direkt verbrannte, anstatt dessen Energie für eine Brennstoffzelle zu nutzen. Damals gab es noch das akute Problem, dass sich der Wasserstoff verflüchtigte, was mit den modernen Tanks jedoch passé ist. Aktuell will der Hersteller mit seiner 5er-GT-Flotte zeigen, wie man die Integration eines Brennstoffzellenantriebs in einem bereits bestehende Fahrzeug definiert. Erst einmal will man jedoch, ähnlich wie bei VW, die erst für 2020 eine eigene Brennstoffzellen-Technologie angekündigt haben, abwarten, ob sich Elektroautos am Markt etablieren und wie sich die Problematik mit dem Tankstellenmangel entwickelt. Kooperationspartner Toyota sieht die Stromer langfristig jedoch lediglich für Kurzstrecken relevant.
Dass Benziner und Diesel irgendwann vom Markt verschwinden, ist so gut wie sicher, doch wann das passieren wird, steht noch in den Sternen. Aktuelle Umfragen weisen auf die Skepsis der Kunden hin, die in der Angst vor der Sicherheit der neuen Technologie und nicht zuletzt im nicht vorhandenen Motorsound begründet liegt. Hier fehlt einfach die akustische Verbindung, die man mit Autos verknüpft. Weiterhin ist die Annahme verbreitet, dass ein Wasserstoffauto keine Wurst vom Teller zieht. Doch in der Hinsicht belehrt uns spätestens Toyota mit dem Mirai eines Besseren, der immerhin knapp 180 Sachen auf die Uhr bringt. Wer sich momentan mit einem Umstieg beschäftigt, wird ebenfalls durch die noch horrenden Preise abgeschreckt, die unter Anderem durch die sündhaft teuren Werkstoffe wie Platin entstehen. Deshalb arbeiten die Hersteller unter Hochdruck daran, den Anteil des Edelmetalls zu verringern. Toyota ist das im Vergleich zum Highlander FCV, der 2008 die Testbasis für den Mirai darstellte, eindrucksvoll gelungen. Die Kosten der verbauten Komponenten wurden um 95 Prozent gesenkt. Die Tatsache, dass alleine Daimler bereits über eine Milliarde in die Entwicklung des alternativen Antriebskonzeptes steckte, lässt darauf schließen, dass wir uns über kurz oder lang wohl damit anfreunden müssen, irgendwann überwiegend lautlose Fahrzeuge auf den Straßen zu erleben.
Datum der Erstveröffentlichung: 30.09.2015