Sie liegen meist im Verborgenen, abgeschottet von der konventionellen Zivilisation, für Laien kaum zu sehen. Und dennoch können sie wachsendes Interesse ihr Eigen nennen: Die Rede ist von Autofriedhöfen. In den vergangenen Jahren hat sich ihr Ansehen zum Teil stark verändert: Vom eigennützigen, verdreckten und mit alten Rostlauben versehenen Schrottplatz, hin zu einem gesellschaftlichen Kulturgut das Touristen ebenso wie Medien begeistert und damit auch zuständige Behörden und Regierungen auf den Plan ruft. Doch was macht die Faszination eines Autofriedhofes eigentlich aus?
In erster Instanz dürfte ein mit Kfz-Wracks bedeckter Autofriedhof wohl den wenigsten sexy erscheinen. Und doch scheint es gute Gründe dafür zu geben, warum nicht wenige Fotografen bereits Ausflüge zu den exotischen und geheimnisvollen Orten in Europa angetreten sind. Der Reiz liegt – sofern man sich vom vorhandenen Autofriedhof-Bildmaterial inspirieren lässt – im Zusammenspiel von verrosteten metallischen Gestalten und einer unermüdlichen Natur, die das anwesende Hab und Gut auf symbiotische Weise zurück zu erlangen versucht.
Der Autofriedhof im schwedischen Moor „Kyrkö Mosse“
Die Spuren der Entstehung vom Autofriedhof Krykö Mosse reichen weit zurück bis in die 30er Jahre. Der Schwede Åke Danielsson betrieb in diesem südlich gelegenen Moor- und Sumpfgebiet nach längerem Torfabbau eine Autowerkstatt, der folglich auch der eine oder andere Ausschuss entsprang. Viele ausgeschlachtete und nicht mehr verwendbare Wracks sammelten sich über die Jahre ringsum das kleine Anwesen des Schweden – und gründeten damit ganz unverhofft einen heute gern besichtigten Autofriedhof.
Nach dem Abtreten von Åke Danielsson ging das Grundstück in das Eigentum eines Ansässigen aus der Region über, dessen Sohn sich den Aufräumarbeiten in Krykö Mosse widmete. Der schier unmöglichen vollständigen Beseitigung sämtlicher (un)sterblicher Überreste, gefordert von lokalen und nationalen schwedischen Behörden, standen etliche Befürworter des Erhalts eines Kulturgutes gegenüber. Medial verfolgt und geprägt, führte der Streit über den Autofriedhof schließlich zu einem gesicherten Bestehen bis ins Jahr 2050.
Dennoch: Ein Denkmalschutz für den Autofriedhof wurde nicht beschlossen, lediglich der Einfluss seitens der Politik übt sich in Einhalt. Der bittere Beigeschmack des Ganzen: Neben dem naturbedingten Zerfall kommt leider auch eine fortschreitende Zerstörung durch vandalistische Eingriffe zum Tragen. Kaum ein Dach, das nicht völlig zerdrückt und verbeult ist. Kaum eine Motorhaube, die noch so existent ist wie am ersten Tag. Kaum ein Stück der früheren Behausung von Åke Danielsson, das nicht eingetreten oder gar dem Erdboden gleichgemacht wurde. Das Schöne daran: Die natürliche Armee aus Birken, Moos und sonstigen Organismen auf den Rostlauben des Autofriedhofs haben längst mit der Eroberung und dem Abbau der „Fremdkörper“ begonnen, was vor allem für das menschliche Auge eine traumhafte Kulisse inmitten von Natur und Technik darstellt.
Vergessen und verkommen – das belgische Autodorf „Chatillon“
Unweit der südbelgischen Kleinstadt Chatillon, abgeschottet und durch dichte Bewaldung versteckt, findet sich gleich ein ganzes Autodorf. Und der Begriff Autodorf kann hier sehr wohl als Steigerung von Autofriedhof verstanden werden: Gleich vier dieser Art sind durch die Nachwehen des zweiten Weltkrieges hier zu Tage gefördert worden. Begründer dieser Szenerie waren einst auf der ansässigen Militärbasis stationierte US-Soldaten, welche (bedingt durch horrende Überführungskosten) ihre eigentlich treuen Weggefährten bei Chatillon einfach zurück und damit auch verkommen ließen.
Die ersten medialen Interessen an den vier Autofriedhöfen kamen im Laufe der 1980er Jahre auf, als die Zeichen der Zeit bereits ihre Spuren an geschätzten 500 Autowracks hinterlassen hatten. Wohl geparkt auf einer Anhöhe im Wald, fanden die großteils amerikanischen Schlitten über mehrere Dekaden ihren Frieden. Entgegen der öffentlichen Mitwirkung in Schweden, waren die Autofriedhöfe bei Chatillon im wahrsten Sinne des Wortes vom „Aussterben“ bedroht. Bereits vor 2006 waren zwei der insgesamt vier Schrottplätze zeitgemäß „entsorgt“, sodass seit 2010 schließlich nur noch wenige der restlichen Wracks „überlebt“ hatten. Obgleich die Szenerie der verwahrlosten Ansammlung von Karossen eine ebenso interessante Fotokulisse wie im schwedischen Kyrkö Mosse bot, konnten sich die einst treuen Weggefährten jedoch nicht mehr zum Kulturgut befördern lassen.
Besucht, kultiviert, geschlossen – der Autofriedhof „Kaufdorf“ im Gürbetal/Schweiz
Kein Vergleich zum bislang Betrachteten stellt der Autofriedhof bei Kaufdorf im schweizerischen Gürbetal (Nahe Bern) dar. Wie man es von den Schweizern kennt, wird dort gerne mit Geld hantiert und eben solches verdient. Seit der Entdeckung der Autoansammlungen, welche zwischen den 1930er- und 1970er-Jahren zusammengetragen wurden, ist der Bekanntheitsgrad des Autofriedhofs markant gestiegen. Somit entstand im Dickicht der Gürbetal-Waldgebiete eine kulturelle wie auch touristische Infrastruktur, um den Besucherandrang bedienen zu können. Separate Besucherwege konnten für einige Euros an Eintrittsgeld begangen werden, nicht jedoch nähere Blicke in die Innereien der Autowracks. Hierfür verlangte der Betreiber bis zu 200 Euro – für Hobbyfotografen sicherlich abschreckend und Ärgernis zugleich.
Die Entstehung des Autofriedhofs rührt ursprünglich von einem Autoverwertungsbetrieb, der ausgeschlachtete Exemplare in die Prärie setzte, aufgrund des Unmuts der anwohnenden Bevölkerung jedoch Pflanzen und Bäume als Sichtschutz vor die Karossen setzen musste, her. Damit ging nunmehr der verwilderte Wuchs der Natur einher, welcher das später als kulturhistorisch bezeichnete Werk optisch so genial in die grüne Kulisse integrierte. Insgesamt kamen in den etwa 40 Jahren des aktiven Ersatzteilhandels über 1000 Autowracks und auch gut 400 Motorräder zusammen.
Für den kulturellen Part sollte zudem eine eigene Kunstausstellung mit Sorge tragen, die auf selbigem Gelände im Jahr 2008 errichtet wurde. Doch nicht einmal ein halbes Jahr später endete diese Exhibition – und mit ihr auch der Betrieb des Autofriedhofs Kaufdorf, für den es keine verlängerte Genehmigung zur Fortführung mehr gab. Im September 2009 schließlich entschied sich die ansässige Gemeinde, die noch beweglichen Rostlauben zu versteigern und damit die Aufbereitung der Waldfläche finanziell zu unterstützen.
Weitere Autofriedhöfe gesucht!
Kennst Du noch weitere Autofriedhöfe? Falls ja, dann freuen wir uns natürlich über eine Rückmeldung und weitere Infos und Bilder davon. Wir würden den Artikel gerne erweitern und dich auch namentlich nennen.
Fotos: www.pixabay.com / www.pixelio.de
Datum der Erstveröffentlichung: 04.08.2014